FreeCAD 1.1: Erweiterte FEM-Workbench mit neuem Solver
Das Wichtigste in Kürze
- Die FEM-Workbench von FreeCAD 1.1 erhält bedeutende Erweiterungen, insbesondere im Bereich der elektromagnetischen Simulationen.
- Ein neuer Solver ermöglicht die Analyse von statischem Gleichstromfluss und der damit verbundenen Wärmeentwicklung (Joule'sche Wärme).
- Die Nachbearbeitung von Ergebnissen wurde durch ein neues Pipeline-System verbessert, das für mehr Übersichtlichkeit im Projektbaum sorgt.
- Der Haupt-Solver CalculiX wurde um zahlreiche Funktionen erweitert, darunter neue Balkenquerschnitte, thermische Kontakte und erweiterte 2D-Analysefähigkeiten.
- Auch der Netzgenerator (Mesher) Netgen wurde aufgewertet und unterstützt nun Funktionen, die zuvor nur mit Gmsh verfügbar waren.
Einführung in die Neuerungen der FEM-Workbench
Kurz vor der finalen Veröffentlichung von FreeCAD 1.1 wird deutlich, dass die FEM-Workbench (Finite-Elemente-Methode) erneut im Mittelpunkt der Entwicklung stand. Die FEM ist ein computergestütztes Verfahren, mit dem das Verhalten von Bauteilen unter physikalischen Einflüssen simuliert wird. Die Version 1.1 bringt eine Vielzahl von Verbesserungen mit sich, die sowohl die Analysefähigkeiten erweitern als auch die Bedienung vereinfachen.
Fokus auf elektromagnetische Analysen
Ein Schwerpunkt des Entwicklungszyklus lag auf der Erweiterung der elektromagnetischen (EM) Simulationen. Mit der Implementierung eines neuen Solvers für statische Stromleitung können nun Gleichstromflüsse (DC) analysiert werden. In Kombination mit der Wärme-Gleichung ist es dadurch möglich, die durch elektrischen Widerstand entstehende Wärme, auch bekannt als Joule'sche Erwärmung, zu modellieren. Des Weiteren wurde eine neue Randbedingung für die elektrische Ladungsdichte eingeführt, sodass die Gesamtladung oder die Ladung pro Fläche bzw. Volumen vorgegeben werden kann. Elektrostatische Analysen sind nun zudem mit dem überarbeiteten CalculiX-Solver möglich, sogar für 2D-Modelle.
Verbesserungen bei der Nachbearbeitung (Post-Processing)
Die Nachbearbeitung, also die Auswertung und Visualisierung der Simulationsergebnisse, hat ebenfalls wichtige Neuerungen erhalten. Eine zentrale Änderung ist die Einführung eines neuen Pipeline-Systems für Ergebnisse. Wenn diese Funktion aktiviert ist, wird anstelle vieler einzelner Ergebnisobjekte nur noch ein einziges Pipeline-Objekt im Projektbaum erstellt, was die Übersichtlichkeit deutlich erhöht. Dieses neue System unterstützt außerdem die Darstellung von Ergebnissen aus verschiedenen Zeitschritten einer Simulation.
Zusätzlich gibt es zwei neue Filter für die Ergebnis-Pipeline:
- Calculator: Erstellt benutzerdefinierte Ergebnisfelder durch mathematische Operationen mit vorhandenen Daten.
- Glyph: Erzeugt Symboldarstellungen, um Vektorgrößen wie Kräfte oder Geschwindigkeiten zu visualisieren.
Neue Werkzeuge zur Datenextraktion ermöglichen es, die numerischen Ergebnisse detailliert zu untersuchen, beispielsweise durch Liniendiagramme, Histogramme oder Tabellen.
Erweiterte Funktionen für den CalculiX-Solver
CalculiX ist der primäre Solver, der in der FEM-Workbench für viele Berechnungen genutzt wird. Seine Unterstützung wurde in FreeCAD 1.1 stark ausgebaut. Zu den wichtigsten Ergänzungen gehören:
- Zusätzliche Balkenquerschnitte wie Kasten- und elliptische Profile.
- Definition einer Referenztemperatur für die thermische Ausdehnung.
- Möglichkeit, thermischen Kontakt und Oberflächenstrahlung zu simulieren.
- Anwendung von Lasten wie Druck und Wärmefluss auf Kanten in 2D-Analysen.
- Unterstützung für Membran- und Fachwerkelemente, die keine Biegesteifigkeit besitzen.
Weitere wichtige Neuerungen
Neben den großen Themenblöcken gibt es weitere nützliche Verbesserungen. Der Netzgenerator Netgen kann nun Netze erstellen, die hauptsächlich aus Sechseck-Elementen bestehen (hexaeder-dominant). Außerdem unterstützt er jetzt lokale Netzverfeinerungen und die Erzeugung von Netzen zweiter Ordnung, was bisher dem Mesher Gmsh vorbehalten war.
Eine weitere praktische Funktion ist die Möglichkeit, nicht nur Randbedingungen, sondern auch andere FEM-Objekte temporär zu deaktivieren (suppress). Dies erleichtert das Testen verschiedener Simulationsaufbauten, ohne Objekte löschen zu müssen.
Unsere Einschätzung
Die Aktualisierungen in der FEM-Workbench für FreeCAD 1.1 sind umfassend und steigern den Funktionsumfang der Software erheblich. Insbesondere die Erweiterungen im Bereich der Elektromagnetik eröffnen neue Anwendungsfelder für Nutzer, die bisher auf externe Programme angewiesen waren. Gleichzeitig sorgen die Verbesserungen bei der Nachbearbeitung und die klarere Struktur durch das neue Pipeline-System dafür, dass auch komplexe Projekte übersichtlich bleiben. Die Integration zahlreicher neuer CalculiX-Funktionen macht die FEM-Workbench zu einem noch leistungsfähigeren Werkzeug für Ingenieure, Entwickler und Hobbyisten. Insgesamt festigt FreeCAD damit seine Position als eine ernstzunehmende Open-Source-Alternative im Bereich der computergestützten Simulation.
Quellen
- FreeCAD Blog: hier